Dies ist mein Beitrag zu meiner Blogparade: „Was bedeutet Kreativität für dich?“ Du bist herzlich eingeladen, dich daran mit einem eigenen Artikel zu beteiligen. Alles, was du wissen musst, erfährst du hier: Blogparade: Was bedeutet Kreativität für Dich?
Was heißt Kreativität für mich?
Lange dachte ich, ich bin gar nicht besonders kreativ. Mit so Aussagen wie: „Mal mal ein Bild“, konnte ich noch nie was anfangen. Und die klassischen Gästebucheinträge auf Hochzeiten sind mir ein Graus. Natürlich wünsche ich dem Brautpaar nur das Beste. Von mir wird aber immer erwartet, dass ich das auf besonders kreative Weise mache. „Ey, ich will feiern und nicht arbeiten!“
Mein Hirn benötigt eine konkrete Aufgabe, um plötzlich überzusprudeln. Statt „mal ein Bild“ funktioniert „mal das Brautpaar in fünfzig Jahren“ hervorragend. Um das zu verstehen, habe ich eine Weile gebraucht.
Inzwischen weiß ich, warum mich das zur Reinzeichnerin prädestiniert. In Agenturen werden die Mitarbeitenden in der Druckvorstufe immer belächelt, weil sie „nur“ die kreativen Ergüsse aus der Grafik umsetzen. Einem Senior Art Director ist es vollkommen egal, ob seine lustige Idee zwei Millionen Euro kostet und aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen gar nicht umgesetzt werden kann.
Kleine Geschichte am Rand
Lustige Anekdote aus dem Leben in einer großen, weltweit aktiven Werbeagentur, die nur entfernt, was mit diesem Thema zu tun hat und doch ziemlich viel: Es war einmal eine Werbeagentur, die einen Stand auf einer großen Messe hatte, der nur aus etwas Sand und zwei Liegestühlen bestand. Und damit viel Spott anderer Agenturen kassierte.
Was war passiert?
Die Kreativen fühlten sich von den Kolleg:innen aus der Produktion gegängelt und hatten beschlossen, den Stand ohne diese Kleingeister zu realisieren. Leider hat auch in einer Werbeagentur jede Abteilung ihre Daseinsberechtigung. Der geplante und aufgebaute Stand fiel gnadenlos durch die Sicherheitsprüfung der Messe. Teure Banner, Möbel und andere Dinge mussten entfernt werden und am Ende blieb der Sand als Bodenbelag und die besagten Stühle. Zeit für eine neue Produktion war nicht mehr.
Was hat diese Geschichte mit meiner (beruflichen) Sicht auf Kreativität zu tun?
Um innerhalb der Vorgaben von Druckereien, Vorschriften zum Beispiel vom Brandschutz, begrenzter Budgets und den Möglichkeiten eines Corporate Designs gute Lösungen zu finden, denke ich, muss man viel kreativer werden, als wenn man sich mehr oder weniger frei austoben kann. Ich verstehe den Kampf zwischen Grafik und Produktion in Agenturen nicht und habe ihn noch nie verstanden. Zusammen lassen sich viel bessere Lösungen für Kund:innen finden. Ein Glück habe ich inzwischen ein Netzwerk gefunden, in dem genau das geht. Wir ergänzen einander. Jede:r hat seine Fähigkeiten und Themen, die bei anderen vielleicht weniger beliebt sind.
Was bedeutet Kreativität noch für mich?
Experimente
Das absolute Lieblingsessen meiner Tochter ist Spaghetti Bolognese. Wenn ich in der Küche stehe und koche, schaut sie mir gerne mal kritisch dazu zu. „Machst Du das immer so?“, ist eine gerne gestellte Frage und wehe, ich sage die Wahrheit:
“Nein!“
Für mich sind Rezepte eher Vorschläge, wie man etwas machen könnte und nicht, wie man es machen muss. Meine Bolognese schmeckt sehr sicher niemals gleich, sondern immer wieder anders.
Interessant wird es immer dann, wenn ich mit einer wunderbaren Freundin zusammen koche, die Chemikerin ist. Da treffen dann unsere beruflichen Eigenheiten gerne mal aufeinander. Sie ist darauf geschult Rezepte als genaue Vorgaben zu lesen, weil es für ihre Arbeit unabdingbar ist, exakt zu arbeiten, um immer die gleichen Vorraussetzungen für Experimente zu haben. Für mich sind Rezepte eher Rahmenbedingungen, in denen ich mich bewegen kann, aber nicht zwangsweise muss.
Das gleiche gilt für soviel andere Dinge im Alltag, die mich gerne Mut kosten und häufig belohnt werden:
- Mit dem Bus fahren, statt mit dem Auto.
- Eine andere Straße zu wählen, als sonst.
- Die Nachbarin anzusprechen, statt ihr immer nur freundlich zuwinken.
- Den Olivenbaum im Garten einzupflanzen, statt ihn reinzuholen (das dankt er uns übrigens das zweite Jahr in Folge mit Blüten und letztes Jahr auch mit kleinen Früchten).
- Anleitungen erst im Nachhinein zu lesen. Zugegeben, das kann auch schief gehen.
- Meinen Ärger Luft zumachen, statt immer auf der Suche nach Harmonie zu sein.
Farbe
Lange war ich der Meinung, Wände in Wohnungen müssen weiß sein, sonst wird es schnell zu dunkel. Wie so viele Dinge, eine Idee aus der Kindheit, die nie hinterfragt wurde. Von mir nicht und von vielen anderen auch nicht. Ich kenne so viele Wohnungen mit klassisch weißen Wänden und gerne Raufasertapete. Gerne genommenes Argument gegen bunte Wände: daran siehst du dich irgendwann satt oder das lässt sich so schlecht überstreichen.
Als wir in unser Haus gezogen sind, war der Große zwei Jahre alt und hatte bereits einen sehr ausgeprägten Geschmack. Weiße Wände fürs Kinderzimmer kamen nicht in Frage. Er hat sich ein kräftiges Grün ausgesucht und wir eine Wand in seinem Kinderzimmer damit gestrichen. „Oh, seid ihr wahnsinnig? Wie könnt ihr das Kind die Farbe aussuchen lassen? Das geht doch nicht. Ihr müsst euch durchsetzen!“ (Warum Gleichberechtigung (auch) an Müttern scheitert, sage ich dazu nur)
Wollten wir gar nicht. Er hatte seine Vorstellung und im Zweifel hätten wir die Wand irgendwann einfach überstrichen. Das haben wir inzwischen auch, weil es das Zimmer der kleinen Schwester geworden ist. Die Wand ist Dunkelblau geworden, die anderen Hellblau, der Boden dunkel und die Möbel Weiß. Ohne, dass meine Kinder eine große Vorbildung zum Thema Kreativität und Farblehre genossen hätten, haben sie ein gutes Gefühl für stimmige Kompositionen. Und, was viel wichtiger ist, eine ordentliche Portion Mut.
Inzwischen bin ich da auch schmerzfreier. Unsere Wände sind längst nicht mehr alle weiß und die, die es noch sind, werden es nach der nächsten Renovierung nicht mehr sein.
Ein dickes Danke an die beiden Süßen und ihr Selbstbewusstsein, das hilft sich einfach nicht beeinflussen zu lassen.
Schreiben
Ohne Kreativität gäbe es keine Bücher, Zeitungen und auch keine Blogs. Jede:r einzelne daran Beteiligte ist auf dabei kreativ. Für mich persönlich war und ist Schreiben immer ein Weg, Erlebtes zu verarbeiten und mit Ereignissen umgehen zulernen.
Als Jugendliche habe ich Geschichten geschrieben und als Erwachsene schreibe ich unter anderem einen Blog. (Die Geschichte meines Blogs)
Leben
Klingt banal. Um den Alltag zu meistern, denke ich, ist jede:r jeden Tag auf die ein oder andere Weise kreativ. Es passieren immer wieder Dinge, die nicht geplant sind und andere, die sich nicht planen lassen. Bei allen mit Kindern besonders. Ohne Kinder ist es aber auch nicht besser. Nur anders.
Manchmal braucht es nur kleine kreative Ideen, um durch den Tag zu kommen. Manchmal größere. Bei uns ist kein Tag, wie der andere. Klar gibt es Rahmenbedingungen, mehr aber auch nicht.
Mein ganz persönliches Fazit
Kreativität ist immer und überall, solange man die Augen offenhält und bereit ist andere Wege zugehen lässt sie sich ständig treffen. Ohne die kreativen Ideen von vielen Frauen und Männern wäre die Menschheit nie soweit gekommen. Nicht selten werden Menschen, die eine Idee haben als Spinner angetan, dabei sind sie es, die uns voran bringen. (https://www.youtube.com/watch?v=kR4MI_8WIrw)
Ich bin mir sicher, auch in Dir steckt unendlich viel Kreativität!