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Was macht eine kleine Textkorrektur im Flyer so teuer?

Was macht eine kleine Textkorrektur im Flyer so teuer?

„Hey, voll krass, da wollte ich nur mal eben drei Sätze auf meinem alten Flyer geändert haben und bekomme eine Rechnung über fast 300,00 €. Geht’s noch?“

Diese Entrüstung scheint auf den ersten Blick völlig verständlich. Datei auf, Text ändern, speichern, Datei schließen, Datei verschicken. Im besten Fall keine fünf Minuten. 

Doch ganz so einfach ist es nicht. Nehmen wir besagten 6-seitigen Flyer, der vor vier Jahren im Wickelfalz produziert wurde. Wickelfalz bedeutet, dass ein Bogen Papier so gefaltet wird, dass er sich um sich selber wickelt. Es bedeutet auch, dass die einzelnen Seiten unterschiedliche Größen haben. Der Klassiker ist ein DIN-A4-Bogen, der auf DIN lang gefaltet wird. 

Was passiert, wenn Du dem Grafiker deines Vertrauens eine Mail schickst mit der Bitte in dem Flyer die folgenden drei Sätze gegen drei andere zu tauschen?

Der erste Gedanke von mir in dem Moment ist: Puh, das ist was her. Wann war das? Ab ins Buchhaltungssystem, die Rechnungen zu der Kundin raussuchen, die Rechnung für den Flyer finden und anhand des Datums auf dem Server nach den alten Daten suchen. Damit sind die ersten zehn Minuten um.

Neuen Auftrag anlegen, die alten Daten reinkopieren und öffnen. Weitere zehn Minuten.

Die Textstelle finden und ändern. 3 Minuten. Die neuen Sätze im Zusammenhang mit den alten Sätzen Lesen und denken: Das hört sich seltsam an. Überlegen und eine Alternative entwickeln. 10 Minuten.

Von beiden Varianten PDFs machen und per Mail verschicken. 5 Minuten.

Kaffee trinken und auf Antwort warten.

Eine Antwort bekommen, Datei wieder öffnen, nochmal anpassen, Umbrüche kontrollieren. Neues PDF schreiben und verschicken. 15 Minuten.

Auf Freigabe warten...

Stattdessen weitere Korrekturen bekommen, weil der Kundin aufgefallen ist und man, wenn man eh dabei ist, noch ein paar Bilder aktualisieren könnte.

Datei wieder auf, neue Bilder überprüfen, umwandeln, einbauen, weitere Änderungen einfügen, wieder alles überprüfen, neues PDF machen, verschicken. 60 Minuten.

Und dann? 

Das eine Foto, hmmm, das, also nein, kann man da noch was machen? Mein Lieblingskundenzitat dazu: „Ich hätte gerne eine neutrale, ruhige, graue Wand, aber nicht so langweilig!“ An besagter Wand haben wir uns einen kompletten Tag aufgehalten, bis wir uns einig waren, dass „neutral, ruhig, grau“ und „nicht langweilig“ einander ausschließen. 

Denken wir positiv und gehen von 30 Minuten Bildbearbeitung aus.

Und dann? Juhu, die Kundin ist zufrieden und will ihren Flyer so in den Druck geben. Eine Druckerei hat sie auch schon. Perfekt.

PDF und fertig? Nein! 

Der letzte Druck ist vier Jahre her und in der Zeit ändern sich Dinge – man mag es manchmal nicht glauben – auch in Druckereien. Also, einmal die Daten überprüfen, ob sie den Anforderungen der Druckerei entsprechen. Nochmal drüber gehen, ob auch wirklich nichts verrutscht ist, die Farben stimmen und die Bilder alle die richtige Auflösung haben. Ein Druck-PDF schreiben. Das nochmal überprüfen und zur Freigabe an die Kundin schicken. 60 Minuten.

Und dann gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass die Kundin die fertigen Daten in den Druck gibt.

In den Druck geben braucht Zeit

Für die Abwicklung des Druckauftrages geht auch gerne nochmal eine Stunde drauf. Das ist auch nicht einfach nur die Datei in die Druckerei zu schicken. Da müssen noch die Informationen über das Format, die Auflage, das Material, die Fälligkeit und den Versand zu. Eventuell kommen noch Rückfragen oder das gewünschte Papier ist nicht verfügbar und es muss eine Alternative gesucht werden. Dann kommen die Flyer fertig an und es gehört einfach dazu, das Ergebnis zu prüfen und sich um eine Reklamation zu kümmern, wenn etwas nicht stimmt. 

Wenn das alles gelaufen ist, muss die Datei noch ordentlich archiviert werden. Wer weiß, ob in vier Jahren nicht die nächste kleine Änderung ansteht? Speicher ist zwar viel günstiger geworden, kostet aber auch Geld. 

Es muss noch eine Rechnung geschrieben werden und dann sitzt man da, vor seinem Stundenzettel und stellt fest, dass für die drei Textänderungen eigentlich der ganze Tag draufgegangen ist. Streicht das drum herum, wie Mails schreiben und auf Antworten warten, die Programmabstürze und Speicherzeiten weg und stellt nur die reine Arbeitszeit in Rechnung? Bleiben 3 Stunden und 13 Minuten. Und eine Rechnung über 300 € inklusive Mehrwertsteuer. Also, großzügig gerundet 250,00 € netto. Kommt man auf einen Stundensatz von ca. 80,00 €. Was für einen qualifizierten, erfahrenen und mitdenkenden Grafiker ein sehr guter Kurs ist. 

Alternativen

Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen näher bringen, warum so eine Mini-Korrektur schnell so teuer wird. Und ich kann Deine Gedanken nachvollziehen, wenn Du denkst, Du sparst Dir das Geld und machst es einfach selber. 

Inzwischen gibt es einige webbasierte Tools, mit denen das auch als Laie geht. Mein aktueller Favorit ist Adobe Express Pro*. Damit erstelle ich meine Social Media-Grafiken. Diese Tools stoßen an ihre Grenzen, wenn es um den Druck geht. Sie sind auf den amerikanischen Markt ausgelegt und liefern häufig Druckdaten, die den Qualitätsansprüchen der deutschen Druckereien nur bedingt entsprechen. Für einfache Flyer, Postkarten und Poster kannst Du damit glücklich werden.

Es ist aber hierbei eine gute Idee, einen Profi einen kurzen Blick darauf werfen zu lassen. Wir sehen andere Dinge. Und ja, 100 Flyer kosten in einer Online-Druckerei keine 30 € und damit weniger als der Profi für die Stunden, die er dafür berechnen muss. Den Flyer dreimal drucken zu lassen, weil sich doch noch ein Fehler eingeschlichen hat (über Nachhaltigkeit reden wir mal lieber nicht), drei Stunden Youtube-Videos anzusehen, weil man an den Anforderungen der Druckerei scheitert oder ohne Flyer auf der Messe zu stehen, weil man kapituliert hat, ist aber deutlich teuer. Nerven und Lebenszeit sind unbezahlbar!

Wenn Du Unterstützung suchst, schicke mir gerne eine Nachricht. Und wenn Du die Rechnung deiner Grafikerin nicht verstehst, frag nach. Lass sie Dir erklären und triff klare Absprachen fürs nächste Mal. 

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